Saegull 4 B1

Reparatur und Erläuterung des Verschlusses, shutter repair

Alle Angaben nach bestem Wissen aber ohne Gewähr!

-1-Wie so oft muss zunächst das Fell ab, um an die Innereien zu gelangen. Das ist hier aber nicht besonders schwer, das Kunstleder geht relativ einfach ab. Unten am Auslöser ist es getrennt, es sind also 2 Kunstlederteile. Darunter liegen 4 Kreuzschlitzschrauben die herausgedreht werden müssen. Der Ring vom Auslöser muss auch abgeschraubt werden. Unter dem Spannhebel liegt ein kleines Blechstück, das dort angeklebt ist. Es muss auch ab oder kommt von allein mit. Die Vorderfront kann dann vorsichtig abgenommen werden.
-2-Nach Abheben der Front sieht man die freigelegte Technik, so wie links abgebildet.
Läuft der Verschluss nur etwas träge, reicht es nun eventuell, nur das Aufnahmeobjektiv herauszudrehen, den Verschluss zu öffnen und ggf. etwas zu reinigen und zu schmieren.
In meinem Fall muss der Verschluss aber komplett raus, weil sonst eine gründliche Reinigung mit Ausbau der Verschlusslamellen nicht möglich ist.
Ich muss also die 4 blanken Schlitzschrauben herausdrehen und habe dann die beiden Objektive und den Verschluss auf der Vorderplatte vom Gehäuse getrennt.
-3-Also, nun das Aufnahmeobjektiv herausschrauben, die Spiralfeder die den Auslöserhebel zurückholt aushängen und anschließend die rückseitige Verschlussverschraubung, auf dem Foto links mit der Kerbe für einen Schlüssel (oder auch ein Winkeleisen wenn zur Stelle) ebenfalls herausdrehen. Das Kabel für den Blitzanschluss am besten trennen und beim Zusammenbau wieder zusammenlöten. Lötet man direkt am Verschluss oder an der PC-Buchse ab, kann dies wegen der Hitze zu Zerstörungen führen.
Damit ist die Verschlusseinheit von der Trägerplatte gelöst.
-4-An der Rückseite des Verschlusses nun die Verschraubung für den Auslösehebel abschrauben. Wer keinen Spezialschlüssel hat, kann dies auch mit einer Schieblehre machen. Natürlich muss auch die rückwärtige Linse mit einem passenden Werkzeug herausgedreht werden. Auf der Abbildung ist sie schon entfernt.
-5-Darunter kommt eine Zwischenscheibe und dann der Mitnehmerring für die Blende zum Vorschein. Beides abnehmen. Damit ist zunächst an der Rückseite die Arbeit getan. Zu sehen auf dem Bild links ist der Mitnehmer für die Blende. Auch zu sehen für die spätere Komplettzerlegung 2 (kurze) Kreuzschlitzschrauben und eine Schlitzschraube. Aber alle drei zunächst nicht lösen!
-6-Jetzt an der Vorderseite die kleine Sicherungsschraube für die mittige Verschlussverschraubung herausdrehen, anschließend die Verschlussverschraubung selbst. Dann das Deckblech abnehmen.
-7-Nun sieht es so aus. Die 10 Bohrungen links sind die Einrastpunkte für die verschiedenen Verschlusszeiten. Der Mechanismus sitzt darunter.
Auch hier nur Mut und die Verschlusszeitenscheibe abnehmen. Es kann nichts passieren, es fliegen keine Teile auf und davon.
-8-Der geöffnete Verschluss liegt jetzt vor uns. Zunächst zur Erklärung der Teile:
  1. Selbstauslöser, ausbauen mit 2 Schrauben (gelbe Pfeile)
  2. Verschluszeitenwerk, ausbauen mit 2 Schrauben (gelbe Pfeile)
  3. Spanneinrichtung mit darunter liegender Spannfeder
  4. Kontakthebel für den Blitz
  5. Auslösemechanismus
  6. Raste für die Verschlusszeitenscheibe
  7. Verschlusslamellen

Den Selbstauslöser und das Verschlusszeitenwerk nun ausbauen. Am Selbstauslöser die lange Spiralfeder an der linken Seite mit einer Pinzette abnehmen. Dieser Haltepunkt der Feder, ein blanker Bolzen, hält auch die Feder für den Kontakthebel der Blitzsynchronisation. Wenn man die Rückseite des Verschlusses betrachtet, stellt man fest, dass der von vorn sichtbare Bolzen wohl die Schlitzschraube von der Rückseite ist, mit der man dann den Verschluss völlig zerlegen kann.
-9-Ein Detailbild des Verschlusszeitenwerks. Es sollte wie auch der Selbstauslöser in Waschbenzin gründlich gereinigt werden und anschließend mit einem harzfreien Öl an den Lagerstellen der Zahnräder mit wirklich nur einem Pünktchen Öl geschmiert werden. Auch macht es Sinn, die beweglichen Stellen des gesamten Spann- und Auslösemechanismus nach Reinigung so zu fetten.
-10-Ein Detailbild der Feder, die die Verschlusslamellen schließt. Sie sitzt unter dem Zeitenwerk und muss vor kompletter Öffnung des Verschlusses ausgebaut werden, weil sie gegen die Verschlusswand drückt und hinderlich wird beim Trennen der Verschlussgrundplatte vom Verschlussaußengehäuse.
Das Foto ist schon nach Reinigung der Verschlusslamellen aufgenommen. Den Ursprungszustand sieht man sehr gut bei Thema 4 und 5.
-11-Jetzt den Verschluss mit 2 Fingern an den roten Pfeilen festhalten und umdrehen, so dass man die Rückseite sieht. Dort nun die besagten 3 Schrauben lösen und dann ganz vorsichtig ohne zu ruckeln die Rückseite von der Grundplatte abheben. Die Verschlusslamellen sind nach dem ersten Anheben des Rückteils sofort frei und können dann überall hin rutschen. Sie müssen sich aber merken, in welcher Reihenfolge die Lamellen dort liegen, um sie wieder genauso einzubauen.
-12-Wenn es gut gegangen ist, sieht es aus, wie auf dem rechten Teil des Bildes, wenn es gewackelt hat, so wie auf dem linken Teil des Bildes.
-13-Jetzt muss die Rückseite mit den darin befestigten Blendenlamellen gründlich gereinigt werden. Am Wattebausch ist gut zu erkennen, dass es hier nötig war. Man könnte jetzt noch die Blendenlamellen ausbauen, aber der Wiedereinbau ist sehr kompliziert. Außerdem wirken die Lamellen sehr dünn, ich habe es gelassen und sie von beiden Seiten mit Wattestäbchen und Papiertaschentüchern gesäubert, natürlich mit Hilfe von Waschbezin und am Schluß mit Alkohol (aber kein Spiritus, sondern Isopropylalkohol aus der Apotheke). Wer die Lamellen trotzdem ausbauen will, sollte mal auf meine Super Ikonta Seite http://www.bleckedermoor.de/fotomuseum/533-16-verschluss2.htm schauen. Denken Sie aber daran, dass dieser Verschluss hier deutlich kleiner ist, als der der alten Super Ikonta!
-14-Gefahrlos kann man jetzt auch die 5 Schlitzschrauben herausdrehen, die den Verschlusslamellen als Scharnierbolzen dienen. Ich habe es gemacht, aber darunter war es sauber. Bevor Sie ans Zusammenbauen denken, erst alle Teile die man hier sieht, gründlich reinigen.
-15-Die fünf identischen Verschlusslamellen jetzt auf ein Papiertuch legen, mit einem Holz (z.B. Schaschlickstab) festhalten und mit Wattebausch und Alkohol gründlich abstreifen. Danach auf keinen Fall mehr mit den Fingern berühren!
-16-Für den Wiedereinbau mit einer Pinzette und wieder einem dünnen Holzstab (das Werkzeug darf nicht magnetisch sein) die erste Lamelle wie abgebildet auf den Verschluss legen. (Gereinigte Verschlusslamellen können so guuuut aussehen!!)
Meine lag an dieser Stelle, die 4 weiteren dann entgegen dem Uhrzeigersinn dazu legen. Mit Hilfe der Münzen vermeidet man, dass die Lamellen nach unten wegfallen können.
Wenn diese Arbeit getan ist, kann man an das Zusammensetzen denken.
Erst schauen, wo die Rückseite nun übergestülpt werden muss. Man erkennt dies gut am Spannhebel und am Auslösehebel. Wenn die Rückseite erst einmal auf der Grundplatte liegt, ist ein Verdrehen nicht mehr möglich.
Dazu die 3 Schrauben bereit legen; die mit dem angebrachten Haltebolzen für die 2 Federn sitzt dicht am Auslösehebel.
-17-Wenn der Verschluss dann von der Rückseite wieder so aussieht wie bei Thema 5, können der Mitnehmerring für die Blende und der Spannhebel mit seinem Führungsring wieder montiert werden. Wenn das geschehen ist, wird der Verschluss umgedreht und die 2 Federn müssen wieder richtig eingehängt bzw. eingebaut werden. Dazu die beiden Abbildungen links betrachten.
Der Blitzkontakt ist auf der linken Abbildung geschlossen und damit kurzgeschlossen. In dem Monent wird der Blitz gezündet. Das ist etwa bei voller Öffnung der Verschlusslamellen, bzw. unmittelbar davor und entspricht der üblichen X-Synchronisation für den Elektronenblitz. Bei genauem Betrachten sieht man auch, wie die Feder den Bolzen umschlingt und den Hebel permanent gegen den Blitzkontakt drückt. Das gelingt ihm aber immer nur, wenn der Verschlusslamellenrig ihn über seinen Nocken (auf dem Foto über besagtem Hebel) freigibt, bei voller Öffnung eben nur.
-18-Der Selbstauslöser und das Zeitenwerk müssen nun nach Reinigung und vorsichtiger Schmierung wieder in den Verschluss. Beide Teile nach Prüfung der genauen Lage wieder anschrauben. Beim Zeitenwerk läßt sich die Geschwindigkeit wohl mit der markanten Schraube etwas einstellen. Dabei muss sich das Werk etwas um die andere Schraube drehen. Üblicherweise ist es so, dass die Zeiten etwas kürzer werden, wenn das Zeitenwerk an die Verschlussaussenwand gedrückt und dann befestigt wird. Das Prüfen der Zeiten ist dann natürlich erst nach Zusammenbau des Verschlusses möglich.
Wenn Sie dann die hintere Linse wieder eingeschraubt haben und den Verschluss wieder auf die große Vorderplatte montieren, achten Sie auf die Kerbe, die etwa hinter der Rückhol-Spiralfeder des Spannhebels sitzt. Passt sie in den Verschluss, kann er mit der rückseitigen Verschraubung wieder auf der Frontplatte festgeschraubt werden. Die Hebel des Auslösers müssen an die richtige Stelle gebracht werden und dann sollte das Spannen und Auslösen wieder funktionieren.
-19- Es müßte jetzt alles "wie geschmiert" funktionieren, auch wenn so gut wie nicht geschmiert werden musste.
Alle Teile, die Sie jetzt noch unverbaut vor sich haben, müßten am Schluss wieder an die richtige Stelle. Auch das Blitzkabel muss wieder in Funktion gebracht werden. Mit dem Ankleben des Kunstleders sollte man noch etwas warten, für den Fall, dass irgend etwas doch noch nicht so läuft, wie gefordert. Ich würde empfehlen, das Leder nicht mit dem Spezialkleber Pliobond zu befestigen. Denn man muss es bei jeder weiteren Reparatur wieder abnehmen. Das wird dann zur Herausforderung und das Kunstleder wird sehr darunter leiden.
Diese schönen Seagull Kameras haben ja gebraucht oder gar defekt nur einen geringen Wert. Deshalb macht es Sinn, wenn man sie selber reparieren kann, denn jede Reparatur eines Profis übersteigt immer den Wert des Geräts. Und hier kann man es mal probieren, wenn es tatsächlich völlig daneben geht, war es Pech. Ist auf alle Fälle sinnvoller und vor allem günstiger, als beim großen Vorbild Rolleiflex oder Rolleicord zu üben.
Wenn etwas unklar ist, scheuen Sie sich nicht, mir eine Email zu schreiben.

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